Klausurtipps

Diese aus der Korrekturerfahrung entstandene Zusammenstellung enthält nützliche Hinweise für die Klausurabfassung sowie typische Mängel und Ungenauigkeiten in juristischen Prüfungsarbeiten:

actus-contrarius
Theorie:
Actus-contrarius Theorie: Diese "Theorie" taucht in Klausurlösungen zumeist in der Zulässigkeitsstation bei Untersuchung der Statthaftigkeit einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage auf. Damit wollen viele Studenten aus der Handlungsform des Versagungsakts (= VA) auf die Qualität des erstrebten Akts schließen. Eine Ablehnung ist aber nicht der actus-contrarius zur Erteilung, sondern Gegenstück der Ablehnung wäre die Aufhebung der Ablehnung. Im Übrigen taugt diese "Theorie" zur Rechtsformbestimmung allenfalls als Faustregel (z.B. im Rahmen der §§ 48, 49 VwVfG).
Adressatentheorie: Adressatentheorie: Diese "Theorie" im Rahmen der Prüfung der Klagebefugnis als Möglichkeit der Geltendmachung einer subj. Rechtsverletzung basiert auf der Annahme, dass bei Eingriffen zumindest der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG als subsidiärem "Auffanggrundrecht" berührt wird. Diese Prämisse ist jedoch nur bei der Abwehr von Eingriffen (nicht bei erstrebten Begünstigungen z.B. im Fall der Verpflichtungsklage nach Versagung einer beantragten Baugenehmigung; s.u.: Klagebegehren) außerhalb von Sonderstatusverhältnissen (z.B. im Beamtenrecht) gegenüber grundrechtsfähigen Personen gültig. Zudem ist ihre Anwendung auf zweipolige Rechtsverhältnisse (Staat - Bürger) beschränkt; in mehrpoligen Rechtsverhältnissen (Nachbar - Staat -Bauherr) besitzt sie keine Aussagekraft.
Aufbau: Aufbau: Die Gliederung des Prüfungsaufbaus der Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs und die Zuordnung einzelner Vorschriften zu den Kategorien der Zuständigkeit, Zulässigkeit und Begründetheit bestimmt sich von den Fehlerfolgen (= Rechtsfolge bei fehlendem Tatbestandsmerkmal einer Norm) her. Für die Erfolgsaussichten einer Klage empfiehlt sich im Normalfall ein dreigliedriger Aufbau:
Zuständigkeit des Gerichts (Rechtsweg, sachliche und örtliche Zuständigkeit mit der Fehlerfolge der Verweisung), Zulässigkeit der Klage (mit der Fehlerfolge eines Prozessurteils) und Begründetheit. Dazwischen kann noch die Beiladung treten.
Liegt eine objektive Klagehäufung vor, wird § 44 VwGO als eigener Gliederungspunkt geprüft (Fehlerfolge: Trennung gem. § 93 VwGO).
BayVwGO: BayVwGO: Die Verwaltungsgerichtsordnung ist kein Landes-, sondern ein Bundesgesetz, das auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG beruht (gerichtliches Verfahren). Die VwGO ist in Sammlungen Bayer. Verwaltungsgesetze zwar abgedruckt, aber nur aus pragmatischen Gründen. Vorschriften zu in der VwGO nicht abschließend geregelten Fragen finden sich im Bayerischen Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung (BayAGVwGO).
Befugnisnorm: Befugnisnorm: In der Begründetheitsstation sollte die Sachprüfung eines belastenden Verwaltungsakts (oder die Prüfung der Gültigkeit einer untergesetzlichen Norm) immer mit der Erörterung der zutreffenden Befugnisnorm (bzw. Rechts- oder Ermächtigungsgrundlage) beginnen. Denn die Auswahl der richtigen Rechtsgrundlage kann Konsequenzen für die Zuständigkeit und das Verfahren haben. Deshalb hat die Rechtmäßigkeitsprüfung mit der Untersuchung zu beginnen, welche Befugnisnorm passt.
Begehren: Dem (Klage-)Begehren wird nicht immer genügend Aufmerksamkeit geschenkt: In Zweifelsfällen sollte es zu Beginn der Bearbeitung in einer Vorbemerkung entsprechend dem Interesse des Betroffenen präzise herausgearbeitet werden (z.B.: "X will sich gegen die in der Presse veröffentlichten Behauptungen des Bürgermeisters hinsichtlich seiner Person als nicht-rechtsförmlichem Informationshandeln (Realakt) wehren. In Betracht kommt in der Hauptsache eine auf den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch gestützte Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage und darüber hinaus wegen der Eilbedürftigkeit angesichts drohender Wiederholung ein Antrag auf eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO."). Siehe auch unten: Klagebegehren.
Begründung: Begründung: Leider werden Problemlösungen in den Ausarbeitungen viel zu selten ansprechend begründet; stattdessen wird oftmals nur apodiktisch ein Ergebnis präsentiert (vgl. auch Subsumtion).
Begründetheit der Anfechtungsklage: Begründetheit der Anfechtungsklage: § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO gibt für die Anfechtungsklage das Prüfprogramm vor: Greift keine spezialgesetzliche Ausnahme (vgl. Art. 73 Abs. 1 BayBO, § 72 Abs. 1 SächsBO), ist Maßstab für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des VA das gesamte öffentliche Recht [s.u.: Rechtmäßigkeit], d.h. auch die Grundrechte. Im Aufbau verfehlt wäre eine Abschichtung, derzufolge Grundrechte erst auf der Ebene der subj. Rechtsverletzung geprüft werden; denn ein rechtmäßiger VA kann subjektive Rechte nicht verletzen, weil subjektive Rechte eine Teilmenge des objektiven Rechts sind.
Bei der Drittanfechtung reduziert die Praxis aus pragmatischen Gründen den Prüfungsmaßstab auf (potentiell) drittschützende Vorschriften, weil der Verstoß gegen rein objektivrechtliche Normen (z.B. Naturschutzrecht) keinesfalls zum Erfolg der Klage (z.B. des Nachbarn gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung) führen kann.
Begründetheit der Verpflichtungs-  bzw.
Verbescheidungs- 
klage:
Begründetheit der Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage:
- Trotz der auf die Rechtswidrigkeit des Versagungsbescheids und die daraus resultierende subjektive Rechtsverletzung des Klägers abstellenden Formulierung des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO empfiehlt sich bei gebundenen Anspruchsnormen, den (insoweit irrelevanten) Ablehnungsakt aus der Sachprüfung auszublenden und nur auf den materiellen Anspruch des Klägers abzustellen. Das gilt auch, wenn bei einer Ermessensnorm (ausnahmsweise) Spruchreife infolge einer Ermessensreduzierung vorliegt.
- Andernfalls ist bei begehrten Ermessensentscheidungen Anknüpfungspunkt der Sachprüfung die Rechtmäßigkeit des Versagungsakts (Tatbestand, Ermessensausübung gem. § 114 Satz 1 VwGO). Ob der Anspruch des Klägers auf fehlerfreie Ermessensausübung seitens der zuständigen Behörde bereits erfüllt worden ist, lässt sich nur durch Prüfung des Versagungsbescheids beurteilen.
Beiladung: Die Beiladung (§ 65 VwGO) ermöglicht die prozessuale Berücksichtigung mehrpoliger Interessen- und Rechtsgeflechte des materiellen Rechts. Der Beigeladene wird als Beteiligter vom persönlichen Umfang der Rechtskraft eines Urteils erfasst (§ 121 Nr. 1 VwGO); damit dient die Beiladung der Rechtskrafterweiterung (Rechtskraft wirkt nur inter partes).
Die Notwendigkeit der Beiladung bestimmt sich gem. § 65 Abs. 2 VwGO danach, ob die stattgebende Entscheidung auch dem Dritten gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Hat das Gericht eine notwendige Beiladung unterlassen, liegt ein Verfahrensfehler vor; Fehlerfolge ist nicht etwa die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Klage. Deshalb wird die Beiladung als eigener Punkt - üblicherweise zwischen Zulässigkeit und Begründetheit - geprüft.
Bescheid: Bescheid: Auch wenn die Termini "Bescheid" und "VA" in der Praxis synonym verwendet werden, sollte man sich vergegenwärtigen, dass ein Bescheid (zumeist) mehrere Verwaltungsakte enthält (mindestens eine sachliche Regelung und zumeist eine Gebührenfestsetzung). Bevor man über Teilanfechtung und Teilaufhebung nachdenkt, liegt die Überlegung nahe, ob nicht mehrere Verwaltungsakte vorliegen.
Bekanntgabe: Die Bekanntgabe eines VA (§ 41 VwVfG) ist lediglich für dessen Wirksamkeit (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG) und damit für den Anlauf von Rechtsbehelfsfristen relevant. Sie wird demzufolge in der Zulässigkeitsstation geprüft. Die Rechtmäßigkeit des VA bleibt davon unberührt (= gesonderte gesetzliche Fehlerfolgenregelung).
Brainstorming: Brainstorming: Vom ersten Moment an sollte schon beim Lesen das Sachverhalts ein Blatt Papier bereit liegen, um intuitive Gedanken stichwortartig festhalten zu können. Derartige Gedankensplitter sind es wert, nicht gleich wieder verworfen zu werden, sondern sie sollten bei Erstellung der Lösungsskizze eingehend gewürdigt werden.
Ermessen: Ermessen: Entgegen der Fehlvorstellung mancher Studentinnen und Studenten ist im Öffentlichen Recht nicht immer Ermessen zu prüfen, sondern nur, wenn die einschlägige Vorschrift die Behörde zur Ermessensausübung ermächtigt. Es gibt kein normunabhängiges Ermessen!
Insbesondere bei einer Ermessensvorschrift müssen Tatbestand und Rechtsfolge sauber auseinandergehalten werden. Das Ermessen (= fakultative Normverknüpfung) als Bestandteil der Rechtsfolge wird erst geprüft, wenn der Tatbestand vollständig abgearbeitet ist (= konditionale Normstruktur: wenn ..., dann ...) und alle Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Nochmals: Bevor in die Ermessensprüfung eingetreten wird, muss demzufolge die Subsumtion unter alle Tatbestandsmerkmale abgeschlossen sein. Das ergibt sich in aller Deutlichkeit aus dem Wortlaut des § 114 Satz 1 VwGO: "... prüft das Gericht auch, ob ..."

Tatbestand: Die Tatbestandsmerkmale (= unbestimmten Rechtsbegriffe) unterliegen grundsätzlich voller gerichtlicher Kontrolle (Ausnahme: Beurteilungsspielraum z.B. bei Prüfungsentscheidungen).

Ermessen: Geprüft wird die inhaltliche Ausübung des behördlichen Ermessens vom Verwaltungsgericht nur (§ 114 Satz 1 VwGO) auf:
- Ermessensausfall: Hat die Behörde überhaupt erkannt, dass sie Ermessen hat?
- Ermessensunter- oder -überschreitung: Hat die Behörde die Bandbreite der gesetzlich möglichen Rechtsfolge erkannt oder überschritten?
- Ermessensdefizit: Alle ermessensrelevanten Umstände des Einzelfalls berücksichtigt?
- Ermessensfehlgebrauch: Ermessensausübung gemäß dem gesetzlichen Zweck oder sachfremde bzw. willkürliche Erwägungen der Behörde?
- Ermessensgrenzen (Grundrechtliche Freiheitsrechte und Gleichbehandlung): Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der gewählten Anordnung (Rechtsfolge) als Ergebnis der behördlichen Ermessensausübung und die Wahrung des Gleichheitssatzes in Form der Selbstbindung der Verwaltung unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle.

Fehlerfolge:Fehlerfolge: Die Aufgliederung der in einer ö.-r. Klausur zu prüfenden Punkte in Zuständigkeit des Gerichts, Zulässigkeit der Klage, Begründetheit der Klage etc. bestimmt sich nach der Fehlerfolge der jeweiligen Vorschrift:
- Ist das Gericht unzuständig, hat es den Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige Gericht zu verweisen (§ 17a GVG, § 83 VwGO). Es ergeht kein klagegabweisendes Prozessurteil!
-
Ist die Klage z.B. mangels Klagebefugnis unzulässig, ergeht ein klagegabweisendes Prozessurteil.
- Ist die Klage unbegründet, wird sie in der Sache abgewiesen (Sachurteil).
Fristen: Eine saubere Fristprüfung enthält folgende Elemente:
- Fristvorschrift (
= Grundlage der Frist und Verweis auf die für die Fristberechnung maßgeblichen Vorschriften)
- Fristlänge (
Monatsfrist gem. § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO; Jahresfrist gem. § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO)
- Fristanlauf (
Bestimmung des Tages, an dem die Frist zu laufen beginnt)
- Fristablauf (
Bestimmung des Tages, mit dessen Ende die Frist abläuft)
- Fristwahrung (
Prüfung, ob die Frist durch Vornahme der erforderlichen Handlung gewahrt wurde)
  wenn negativ: Wiedereinsetzung in die Frist möglich?
Gewichtung: Gewichtung: Bei den Aufgabenstellungen stehen zumeist materielle Probleme im Vordergrund. Im Gegensatz dazu liegt das Schwergewicht der Ausarbeitungen von Prüflingen in der Praxis aber vorwiegend im prozessualen Teil und in der formellen Prüfung (Zuständigkeit, Verfahren). Psychologisch verständlich halten sich Studenten gerne an Bekanntem fest, aber die materiellen Schwerpunkte einer Klausur sollten sich auch im Umfang von Zuständigkeits-, Zulässigkeits- und Begründetheitsstation in der Ausarbeitung widerspiegeln. Deshalb: Für eine gute Klausurlösung müssen die Seitenzahlen zur Begründetheit die zu den Sachentscheidungsvoraussetzungen deutlich überwiegen!
Gleichbehandlung: Gleichheitssatz in der Normprüfung: Die Prüfung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG (im Rahmen der Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes) darf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht außer Betracht lassen. Der Richter hat sich auf eine Vertretbarkeitsprüfung der vom Gesetzgeber gebildeten Gruppen zu beschränken; andernfalls verletzt er die dem demokratisch legitimierten Parlament als Legislative eingeräumte Gestaltungsprärogative.
Gliederung: Gliederung: Die Ausarbeitung sollte schon beim Abfassen der Lösungsskizze ordentlich durchgegliedert werden. Jedenfalls zwischen Hauptgliederungspunkten lässt man in der Reinschrift eine Zeile frei; denn dadurch wird die Arbeit übersichtlicher.
Klagebefugnis: Klagebefugnis: Erfahrungsgemäß wird in Klausuren bei Prüfung des § 42 Abs. 2 VwGO nahezu ausschließlich auf Grundrechte abgestellt. Entgegen der bei vielen Studenten vorherrschenden Annahme kann sich die Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung aber auch aus einfachrechtlichen Normen ergeben, die subjektiv-öffentliche Rechte enthalten. Denn das einfache Gesetzesrecht (oder kommunale Satzungen) gehen in ihren Gewährleistungen zumeist über das verfassungsrechtlich Notwendige hinaus.
In mehrpoligen Rechtsverhältnissen (z.B. Drittanfechtung durch Nachbarn  im Baurecht) ist der Verweis allein auf Art. 14 GG keinesfalls ausreichend, da Nachbarschutz grds. nur so weit besteht, wie ihn der einfache Normgeber normiert hat. In Dreieckskonstellationen muss die Klagebefugnis des Dritten daher sauber erarbeitet werden; hier wird von Studenten oft geschlampt!
Die Möglichkeitstheorie betrifft die Reichweite der Darlegungslast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen eines in der Rechtsordnung bestehenden subjektiv-öffentlichen Rechts. Sie entlastet die Zulässigkeitsstation indes nicht von der gerichtlichen Prüfung, ob ein dem Kläger günstiges subjektives Recht überhaupt von der Rechtsordnung anerkannt ist.
Klagebegehren: Das Klagebegehren ist vom Kläger zu bezeichnen (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Gericht darf darüber nicht hinausgehen, muss es aber auch ausschöpfen (§ 88 VwGO; Dispositionsgrundsatz). Ist das Rechtsschutzziel des Klägers unklar, empfiehlt es sich im Klausuraufbau, das Klaghebegehren vorab in einer Vorbemerkung interessengerecht durch Auslegung zu ermitteln (s.o. Begehren). Erst dann ist die Zuständigkeit für den herausgearbeiteten Antrag sowie dessen Zulässigkeit und Begründetheit zu prüfen.
Die präzise Bestimmung des Klagebegehrens verdient größte Aufmerksamkeit; denn diese frühe Weichenstellung entscheidet über die Qualität der gesamten Ausarbeitung. Ausgehend vom status quo lautet die Grundfrage: Abwehr oder Erweiterung der Rechtsstellung des Klägers?
So ist z.B. die Ablehnung einer beantragten Begünstigung (z.B. einer Baugenehmigung) grds. kein der Anfechtung zugänglicher Eingriffsakt. Hier ist grds. nur die Verpflichtungsklage statthaft.
Bei der Erfassung der klägerischen Interessen und deren optimaler Umsetzung in die vorgegebenen prozessualen Kategorien (Anfechtung, Verpflichtung, Leistung, Feststellung) ist auch die Möglichkeit der Häufung mehrer Anträge (= objektive Klagehäufung) bzw. Staffelung mehrerer Begehren in Haupt- und Hilfsanträge (= eventuelle Klagehäufung) zu bedenken. Schließlich stellt sich die Frage, ob neben dem Rechtsbehelf in der Hauptsache auch vorläufiger Rechtsschutz erforderlich ist.
Klagehäufung: Klagehäufung: Bei der objektiven Klagehäufung ist § 44 VwGO keine Zulässigkeitsvoraussetzung und daher außerhalb der Zulässigkeitsstation zu prüfen; denn Fehlerfolge ist die Trennung der in einer Klage zusammengefassten Anträge gem. § 93 VwGO.
Zumindest in der Begründetheitsstation - besser aber auch bei Zuständigkeit und Zulässigkeit der Klage - empfiehlt sich aus Gründen der Übersichtlichkeit eine getrennte Erörterung mehrer Begehren nacheinander. Dabei kann dann in der nachfolgenden des zweiten Antrags auf inhaltlich parallele Ausführungen Bezug genommen werden. Im Stress der Klausur geraten Sie dann nicht so schnell durcheinander, sondern Sie (und der Prüfer) wissen immer, was sie eigentlich gerade untersuchen.
Bei der eventuellen Klagehäufung (= Haupt- und Hilfsantrag) darf auf den Hilfsantrag (auch hinsichtlich Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und Zulässigkeit des Antrags) erstmalig mit Eintritt der innerprozessualen Bedingung (= 
grds. Erfolglosigkeit des Hauptantrags) eingegangen werden; eine parallele Prüfung wird dem Dispositionsgrundsatz nicht gerecht.
Klagegegenstand: Klagegegenstand: Bei der Anfechtungsklage wird der Klagegegenstand (= Anfechtungsobjekt) gem. § 79 VwGO bestimmt. Beschränkt sich der Widerspruchsbescheid auf die Zurückweisung des Widerspruchs und trifft er (neben Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung) keine weiteren sachlichen Regelungen (= Normalfall), ist Klagegegenstand der Ausgangsbescheid. Der Widerspruchsbescheid nimmt nicht etwa die Regelungen des Ausgangsbescheids in sich auf und macht sich diese zu eigen (mit dem Fehlschluss auf die Passivlegitimation [auch] des Trägers der Widerspruchsbehörde). Im Fall des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO wird der AusgangsVA unmittelbar geprüft und nicht nur inzident als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Widerspruchsbescheids.
Lösungsskizze: Lösungsskizze: Die Erstellung einer Lösungsskizze vor Abfassung der Reinschrift dient der Strukturierung der Gedankenführung. Die Zuordnung der eigenen Gedanken zu den passenden Prüfungspunkten hat einen hohen Stellenwert für eine erfolgreiche Ausarbeitung (vgl. auch Reinschrift).
Obersatz: Der Obersatz ist die Eröffnung der Begründetheitsstation und wird - je nach Klageart - z.B. bei der Anfechtungsklage aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO konkretisierend auf die vorliegende Fallkonstellation gebildet. Er gibt die Gliederung der Sachprüfung vor und sollte präzise formuliert werden:
Beispiel: Die Anfechtungsklage ist begründet, wenn sie gegen den richtigen Beklagten gerichtet ist (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und der angefochtene Verwaltungsakt [in Gestalt des Widerspruchsbescheids: § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO] rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist.
Passivlegitimation: Die Passivlegitimation einer Gemeinde hängt nicht davon ab, ob diese im eigenen oder übertragenen Wirkungskreis handelt (Sachsen: Pflicht- oder Weisungsaufgabe). Eine Gemeinde ist auch richtige Beklagte mit Blick auf Maßnahmen im übertragenen Wirkungskreis (Art. 1 i.V.m. Art. 8, Art. 9 BayGO). Über die Rechtsaufsicht (= nur Rechtskontrolle) hinausgehende Einflussmöglichkeiten anderer Stellen im Rahmen der Fachaufsicht (= Vorgaben auch hinsichtlich der Ermessensausübung) ändern nichts an der Zuständigkeit der Kommune für den VA nach außen.
Rechtsbehelfs- 
belehrung:
Die Beifügung einer (richtigen) Rechtsbehelfsbelehrung ist gem. § 58 VwGO lediglich für den Anlauf (und die Länge) der Rechtsbehelfsfrist von Bedeutung (gesetzlich geregelte gesonderte Fehlerfolge). Sie wird demzufolge als Frage der Fristwahrung in der Zulässigkeitsstation geprüft. Die Rechtmäßigkeit des VA wird davon nicht berührt.
Rechtmäßigkeit: Rechtmäßigkeit: Maßstab für die objektive Rechtsprüfung einer Maßnahme ist - wenn der Prüfungsmaßstab nicht spezialgesetzlich beschränkt ist (z.B. gem. Art. 73 Abs. 1 BayBO, § 72 Abs. 1 SächsBO) - das gesamte öffentliche Recht. Dazu gehören nicht die norminterpretierenden und ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften; denn sie enthalten kein verbindliches Außenrecht. Wenn Sie also beginnen, Verwaltungsvorschriften auszulegen, sind Sie im Regelfall auf dem Holzweg!
Bieten sich v
erschiedene einschlägige Vorschriften als Prüfungsmaßstab an, ist in der Normpyramide (z.B. Verfassung, einfaches Gesetz, Satzung) unten zu beginnen. Der Vorrang des Gesetzes wird dann durch inzidente Prüfung der Vereinbarkeit der jeweiligen Vorschrift mit höherrangigem Recht erörtert.
Reinschrift: Reinschrift: Für die Ausformulierung der in der Lösungsskizze enthaltenen Gedanken in die Reinschrift empfiehlt es sich, mit der Begründetheitsstation zu beginnen (vgl. Gewichtung). Damit ist jedenfalls gewährleistet, dass genügend Zeit für die Ausarbeitung der Sachprüfung besteht. Die nachfolgende Abfassung der Zulässigkeitsstation gewährleistet eine angemessene Relation der Gewichte der prozessualen Ausführungen gegenüber der Sachprüfung. Zwischen (Haupt-)Gliederungspunkten eine Zeile frei lassen; dadurch gewinnt die Arbeit an Übersichtlichkeit.
Schrift: Schrift: Bei allem Verständnis für die übliche Zeitnot beim Klausurenschreiben sollte die Lesbarkeit der Ausarbeitung nicht völlig auf der Strecke bleiben.
Subsumtion: Die Subsumtion (= Herstellung einer Beziehung zwischen Norm und Sachverhalt) bildet das Kernstück der Ausarbeitung jedes einzelnen Problems bei der juristischen Fallbearbeitung. Die Subsumtion verlangt zuerst die Auslegung der Vorschrift bzw. des problematischen Tatbestandsmerkmals (Wortlaut, Materialien, Systematik und Normzweck). Daraus ist - immer noch auf der Rechtssatzebene - ein Maßstab zu entwickeln, der in einem zweiten Gedankenschritt auf den vorliegenden Einzelfall angewendet wird.
Erfahrungsgemäß kommt die Arbeit an der Norm jedoch bei vielen Studentinnen und Studenten zu kurz. Problematische Tatbestandsmerkmale werden
oftmals weder ausgelegt noch eingehend geprüft; stattdessen werden nur Ergebnisse ohne Begründung präsentiert. Eine ansprechende Subsumtion zeichnet sich durch Problembewusstsein, sensible Auslegung der Norm u.a. in teleologischer Hinsicht (= Normzweck und -ziel) unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben aus; sie wird durch eine abgewogene Argumentation bereichert.
Verwaltungsakt: Verwaltungsakt: Typisches Beispiel für eine fehlerhafte Gewichtung ist die seitenlange Prüfung, ob ein Standardakt wie z.B. eine Baugenehmigung Verwaltungsaktsqualität besitzt. Der Text des § 35 VwVfG sollte auch nicht abgeschrieben werden; das ist völlig überflüssig und trägt zur Fallösung nichts bei. Die Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 VwVfG) verdient Aufmerksamkeit; sie ist erfahrungsgemäß vielen Studenten nicht bekannt.
Verwaltungs- 
rechtsweg:
Verwaltungsrechtsweg: § 40 VwGO wird erfahrungsgemäß in den unproblematischen Fällen zu ausführlich, in den wirklichen Problemfällen jedoch inhaltlich schwach erörtert. Die gebetsmühlenartige Darstellung der überholten Subordinations- und Interessentheorie ist überflüssig. Der Inhalt der modifizierten Subjekts- oder Sonderrechtstheorie wird demgegenüber nur selten präzise wiedergegeben. Fokussiert werden sollte bei der Prüfung der Rechtsnatur der streitentscheidenden Norm auf die zentrale Befugnis- oder Anspruchsnorm.
Geprüft wird die Eröffnung des Zugangs zu den Verwaltungsgerichten in drei Schritten:
<1> Spezialzuweisung (z.B. § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 52 SächsPVDG)?
<2> Öffentlich-rechtliche Streitigkeit - öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis - öffentlich-rechtliche Norm
(an dieser Stelle sollte die modifizierte Subjektstheorie richtig wiedergegeben und die streitentscheidende Norm daran geprüft werden)
<3> nichtverfassungsrechtlicher Art (doppelte Verfassungsunmittelbarkeit)?
Verwaltungsvorschrift:Verwaltungsvorschriften norminterpretierender und ermessenslenkender Art gehören nicht zu den Rechtssätzen und sind deshalb ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeitsbeurteilung z.B. eines Verwaltungsakts im Rahmen des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie sind kein richterlicher Prüfungsmaßstab für die Überprüfung des Verwaltungshandelns! Wenn Sie in einer Klausur beginnen, Verwaltungsvorschriften auszulegen, sind Sie im Regelfall auf dem Holzweg!
Vorverfahren: Vorverfahren: In der Zulässigkeitsstation wird die Prüfung des § 68 VwGO von Studenten gerne mit Überlegungen überfrachtet, ob das Widerspruchsverfahrens ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, die Widerspruchsbehörde zuständig war oder eine ggf. vorliegende "Verböserung" im Widerspruchsbescheid möglich ist. Die Untersuchung dieser Fragen gehört jedoch in die Begründetheitsstation, nachdem Fehlerfolge dieser Punkte keinesfalls die Unzulässigkeit der Klage ist. Zu prüfen sind hier nur die Statthaftigkeit des Widerspruchs sowie die klägerbezogenen Voraussetzungen frist- und formgerechter Widerspruchserhebung.
Widerspruchs- 
verfahren:
Das Widerspruchsverfahren ist - anders als der Verwaltungsprozess - kein kontradiktorisches Verfahren, d.h. es stehen sich nicht zwei Parteien gegenüber. Deshalb gibt es bei der Prüfung eines Widerspruchs keine Passivlegitimation.

© Ingo Kraft